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air pussies Beach Trainingslager 2016
Turnierbericht
Bericht vom 02.26.2016, 21:26:30
===Wenn Schmerzen Glück verheißen===
Montag Morgen, der Wecker klingelt. Ich wache auf. Naja, nicht wirklich. Mein Geist wacht auf, mein Körper schläft irgendwie noch. Ich versuche aufzustehen, aber nichts geht. Die Beine schmerzen, die Arme, der Oberkörper, selbst der Nacken. Und einige andere Körperteile, die ich nicht wirklich korrekt benennen kann. Unter ihnen der Grinsemuskel, wie Björn am Vorabend so schön formulierte.
Zweieinhalb Tage zuvor haben zwanzig Spieler sowie diverse Anhängsel die Fahrt zum air pussies Beachtrainingslager in Zinnowitz auf sich genommen und bis auf einen erfolglosen Fluchtversuch von Katherinas Regenjacke verläuft die Anreise auch reibungslos. Feierabendbier, -wein und -brause unter freiem Himmel lassen erste Urlaubsgefühle aufkommen und das Wellenrauschen, das leise durch den Küstenwald dringt, vervollständigt das gute Gefühl, genau am richtigen Ort zu sein.
Samstag Morgen, eine Horde air pussies pellt sich aus Schlafsäcken, Hütten, Zelten, einem Fass und einer Hängematte. Die Nacht war erwartungsgemäß kurz, Bier, Wein, Brause und vor allem gute Gespräche ließen den Abend vielleicht etwas zu lang werden und die Kirchenglocken, hungrigen Kinder und eine freche Ente taten am Morgen ihr Übriges. Ein gutes Frühstück später machen wir uns endlich auf den Weg (300 m) Richtung Ostsee. Ich persönlich finde den ersten Gang zum Ostseestrand immer besonders schön. Voll bepackt (in diesem Fall mit Sportsachen) stapft man durch den Wald, die Bäume werden immer knorriger, das Meeresrauschen immer deutlich vernehmbar. Und irgendwann steht auf der nächsten Düne kein Baum mehr, sondern nur noch Dünengras und das Meer lässt sich erahnen. Der Boden wird immer sandiger, man kommt an den Punkt, an dem man sich besser die Schuhe auszieht. Die Zehen vergraben sich tief im weichen Sand, die steife Brise weht einem ins Gesicht. Und dann hat man nur noch Strand und Wasser vor sich. Der Blick in die Gesichter zeigt, ich bin mit dem Gefühl nicht allein. Die ersten Leute werfen sich schon Scheiben zu, Menschen fliegen durch die Luft, Sand spritzt, Jubelschreie hallen über den Strand. Euphorie weit und breit und schon wieder dieses gute Gefühl, alles richtig gemacht zu haben.
Die erste Trainingseinheit steht ganz im Zeichen der Eingewöhnung. Konstant wehenden Wind kennt der gemeine Berliner ja kaum und tiefen Sand mal höchstens noch die jungen Eltern im Team. Schnell wird klar, dass bei aller Euphorie das Wochenende nicht nur Zuckerschlecken wird, sondern durchaus auch körperlich fordernd. Bereits beim Warmlaufen merke ich, wie anstrengend der tiefe Ostseestrand werden wird. Das Stöhnen rings um mich herum zeigt, dass es nicht nur mir so geht. Aber so langsam kommen wir in Tritt, passen unsere Würfe an das langsamere Lauf- und Cuttempo an. Die ein oder andere (nicht immer zwingend notwendige, dafür aber umso mehr Spaß machende) Flugeinlage trägt ebenfalls zur guten Laune bei. Nach drei Stunden Rennen, Cutten, Fliegen, Fangen und Werfen ist Mittagspause. Fischbrötchenkurierin Katherina sammelt Bestellungen ein und zieht in den Kampf mit der mürrischen Fischfachverkäuferin, während ein Teil von uns die Qualität des Zeltplatzimbisses erkundet oder gar den Gang nach Zinnowitz antritt. Heike und Ralf sind die ersten, die sich ins Wasser wagen, selbstredend unter Beachtung aller Vorgaben durch die örtliche Beschilderung. Was Google nämlich als Sportstrand bezeichnet, weist ein kleines blaues Schild direkt neben unserem Basislager als FKK-Strand aus. In der Zwischenzeit wird endlich das Spielfeld aufgebaut, das uns die Goldfingers dankenswerterweise zur Verfügung gestellt haben. Eine Handvoll Experten versammelt sich um die Bananenkiste mit den Lines und Ankern. Ausgeklügelte Aufbaustrategien werden ausgiebig diskutiert und wieder verworfen. Letztlich wird einfach drauf los gebuddelt. Björn hetzt mit Strandbier von Ecke zu Ecke um ebenjene zu fixieren, während Ilva, frisch vom Segeltheoriekurs zur Knotenkunde zurück, knotet, als gäbe es kein Morgen. Gemeine Bodenunebenheiten lassen das Feld an einigen Stellen zwar krumm und schief erscheinen, aber das trügt natürlich.
Gut gesättigt von frischen Fischbrötchen ist noch Zeit zum Chillen. Die wird gut genutzt. Die Kinder lernen, Scheiben zu werfen. Die Erwachsenen buddeln lustige Sandburgautos. Das ein oder andere Bierchen macht seine Runde. Ein paar Verwegene üben Pullen mit und gegen den Wind. Pünktlich zur Nachmittagseinheit sind auch fast alle wieder da. Weiter gehts mit Anwürfen für alle. Danach gibts die erste Taktikübung. Torsten skizziert eine uns noch unbekannte Zonenverteidigung (nennen wir sie Chaoszone) im Sand, was allerdings nicht zu großartig erhöhtem Verständnis führt. Auch beim anschließenden Verschiebespielchen mit Ansagen bleibt noch vieles unklar. Nichtsdestotrotz ziehen wir die Taktik durch, inklusive kleinem Testspielchen. Es läuft natürlich nicht rund, aber nach und nach stellen sich ein paar kleine Erfolge ein. Wie sich im Laufe des Wochenendes zeigen wird, brauchen wir noch die ein oder andere Trainingseinheit bevor die Chaoszone sitzen wird. Die Zeit schreitet jetzt schneller voran als gedacht und ehe wir uns versehen ist es schon 18 Uhr und der FKK-Strand macht seine Pforten dicht. Ist uns aber egal. Demokratisch legimiert (durch ein geradezu sozialistisch anmutendes Wahlergebnis) wird der nächste Tagesordnungspunkt das Layout-Training sein. Irgendwie wollen die meisten lieber wissen, wie sie anmutig über den Sand fliegen können, als eine weitere Zonentaktik zu besprechen. Ich persönlich gehöre inzwischen zu der Fraktion, die sich auf Sand keine Gelegenheit zum sinnvollen Layout entgehen lässt. Ich hatte aber immer das Gefühl, dass das irgendwie planvoller und technisch sauberer gehen müsste. Leider prallen meine hohen Erwartungen an diese Trainingseinheit heftig auf die Realität, bzw. meine Hühnerbrust (und andere Körperteile) auf den harten Sand, so dass ich kurzzeitig beschließe, ich mach's doch lieber weiter falsch. Je näher die Trockenübungen aber der echten Spielsituation kommen, desto wohler fühle ich mich wieder in der Luft. Als wir dann bei der Abschlussübung nach echten Pässen hechten dürfen, läuft es zumindest bei mir besser als zuvor. Ich denke, dass bei den meisten Spielern diese Übung zu den Highlights gehören dürfte. Die Jubelschreie bei Werfern, Fängern und Sideline lassen jedenfalls darauf schließen. Im Samstagabendabschlussspiel bringen wir dann folgerichtig auch den ein oder anderen schönen Layout auf den Sand und lernen, dass man auch beim Defense-Dive besser fangen sollte.
Der aufziehende Nebel treibt uns schließlich zurück zum Zeltplatz. Ein paar Freiwillige kümmern sich ums Abendbrot, 5 kg Nudeln und 6 l Tomatensoße wollen zubereitet werden, während der Rest die heiligen Duschhallen stürmt. Irgendwann sind alle satt und sauber, wir lassen den Tag gemütlich ausklingen bei kalten Getränken und angeregten Diskussionen über Gott (bzw. Moses), die Welt und eine unbekannte Zahl von Gelehrten, und ihrem Wunsch nach Freiheit. Die Kinder werden nach und nach ins Bett gebracht und auch die Spieler zollen den Anstrengungen des Tages einer nach dem anderen Tribut.
Am Sonntagmorgen begrüßt uns überraschenderweise die Sonne. Also schnell Frühstück schaufeln und zum Strand. Doch halt, schnell zum Strand ist nicht. Eine Mischung aus gemütlich und gequält zum Strand gehen trifft's eher. Wir sind halt doch in erster Linie Rasensportler. Der Anblick von gelbem Sand, blauem Himmel und noch blauerer Ostsee entschädigt aber. Und lockt jede Menge Leute an den Strand. Das Feld ist zwar weitestgehend frei, aber die Nacktbader bevölkern die Seitenlinien. Wir warnen sie vor umherfliegenden Scheiben und freilaufenden Landsharks und los gehts mit ein paar einfachen Übungen. Danach studieren wir passend zum Setting die Moses-Offensetaktik ein. Das funktioniert richtig gut, selbst im anschließenden Testspiel. Bei strahlendem Sonnenschein probieren einige Pussies dann auch die Mosestaktik in der Ostsee, aber trotz intensivster Bemühungen rollt Welle für Welle über uns hinweg ohne sich teilen zu lassen. Dafür funktioniert der Fischbrötchenexpress wieder tadellos. Nach und nach schieben sich dicke Wolken vor die Sonne. Gut für uns, vertreibt es doch die ganzen Nacktbader von der Sideline und wir müssen uns nicht so viele Gedanken über verunglückte Pulls machen. Das Trainingslagerabschlussspiel steht an, in dem das Gelernte (also im Wesentlichen Chaoszone und Moses) angewandt werden soll. Teilweise mit Erfolg, aber man merkt auch deutlich, dass wir inzwischen doch einiges an Kraft gelassen haben. Die Schritte werden kürzer, die Spieler langsamer, die Turns häufen sich. Aber richtig motiviert (z.B. durch Layoutvorlagen), verschießen wir auch noch unser letztes Pulver. Als sich gegen 15 Uhr die erste Bahnfahrerfraktion verabschiedet, werden die letzten Punkte eingeläutet. Meine Beine fühlen sich inzwischen leerer an, als Trapattonis Flaschen, aber irgendwie sagt mir mein Körper, dass trotzdem alles gut ist. Feld einholen, Strand räumen, Zelte abbauen, Flaschen wegbringen, Reste verteilen, Duschen, Auto vollstopfen die Erinnerungen daran verschwimmen irgendwie vor dem Hintergrund eines rundum gelungenen Wochenendes. So langsam zerstreuen sich die Pussies wieder in alle Winde und kurz nach 18 Uhr verlässt das letzte Auto Zinnowitz.
Unsere Rückfahrt steht wieder im Zeichen abstruser Rategeschichten. Beim Aussteigen an der Tanke tut jeder Muskel weh, die Schmerzen und die Erschöpfung des nächsten Tages kündigen sich bereits an. Aber wenn sich Muskelschmerzen mit Glück aufwiegen lassen, dann schlägt die Waage deutlich zu unseren Gunsten aus
Vielen Dank liebe Pussies, dass ihr aus einer fixen Idee irgendwann im Winter ein so einmaliges Wochenende gemacht habt. Sicher gibts an einigen Stellen Optimierungsbedarf, aber allein die Tatsache, dass wir es gemacht haben, ist einfach nur großartig.